Zu den karnevalistischen Tänzen gehören viele verschiedene Tanzarten. Der Gardetanz ist eine dieser Tanzarten und kann in Deutschland im Verein praktiziert werden. Für die Tänzer bedeutet dieser Art Tanz die Erfüllung hoher Erwartungen.
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Der Gardetanz: Akrobatische Höchstleistungen sind gefragt
Der Karneval wartet jedes Jahr mit teils atemberaubenden Tänzen auf. Laien sehen die hohen Anforderungen bei den gezeigten Tänzen nicht. Wie hart das Training für die perfekte Hebefigur ist, lässt sich nur erahnen und ist keinesfalls beim Betrachten der Show erkennbar. Der Gardetanz ist sogar als Wettkampftanz ausgelegt, sodass sich die besten Tänzerinnen und Tänzer miteinander messen können. Flexibilität, Kraft und Ausdauer sind die drei wichtigsten Eigenschaften des Tänzers, der im Gardetanz erfolgreich sein möchte. Um erfolgreich zu sein, muss der Tänzer akrobatische Fähigkeiten ebenso mitbringen wie die Fähigkeit zur Synchronität mit anderen Tänzern.
Leistungssport Tanzen?
Tänzer können durchaus mit Leistungssportlern verglichen werden. Vielfältige Schrittkombinationen in wechselnden Formationen werden ausgeführt. Akrobatische Einlagen sind beim Tanzen ebenfalls üblich und zeigen sich mit Bogengängen, Spagat oder Rad.
Beim Gardetanz ist die Geschlechterzusammensetzung vorgeschrieben, daher gibt es männliche, weibliche und gemischte Tanzgruppen. Für die Tänzer gilt, dass sie den Zuschauern ein Thema über Musik, Kostüme und Tanz zugänglich machen müssen. Es wird für den Tanz eine Kombination aus herkömmlichen Marschschritten und teilweise modernen Tanzstilen gewählt. Die Tänzer nutzen vor allem die Elemente des Jazzdance und des Modern Dance für ihre neuen Tänze. Immer wieder wird mit verschiedenen Stilen experimentiert. Neue Elemente werden damit geschaffen. Die Choreografien der Tänze werden damit ergänzt und erweitert.
Einen immer wieder atemberaubenden Solotanz können die Zuschauer vom Tanzmariechen erwarten. Ballett, Turnen und Tanzen sind die einzelnen Elemente, die aus einem Karnevalstänzer ein Tanzmariechen werden lassen. Üblich sind auch Flickflack, Bogengänge und Spagat. Neben den genannten Übungen müssen die Tänzer auch Ballettfiguren sowie verschiedene Tanz- und Sprungschritte beherrschen. Natürlich ist es auch der eiserne Wille zum Erfolg, der zusammen mit hervorragender Fitness und Beweglichkeit für erfolgreiche Auftritte der Gardetänzer sorgt.
Gardetanz wird nach festen Kriterien bewertet
Wie streng ist der Gardetanz aufgebaut? Die Choreografie des Gardetanzes ist der wichtigste Aspekt. Improvisationen gibt es nicht, dafür bleibt weder beim Gruppen- noch beim Paartanz genügend Raum. Die Strenge der Bewertungen im Karnevalstanz zeigt sich an den Richtlinien der Verbände. Um die Tänzer bewerten zu können, nutzen die Verbände die folgenden Richtlinien.
- Die ganze Bühne muss beim Tanzen genutzt werden
- Musik muss beim Tanzen berücksichtigt werden und begleitet nicht nur, sondern muss mit dargestellt werden
- Tempo und Harmonie der Musik müssen zum Tanz passen
- Keine Wiederholungen beim Auftritt
- Übergänge zwischen den einzelnen Elementen müssen fließend sein
- Die Tänzer zeigen auf der Bühne eine ständige Bewegung
- Tänzer tanzen mit dem ganzen Körper, auch mit Armen und Beinen
- Tanz ist an das gewählte Thema angepasst
- Tänzer sollen positiv beim Publikum ankommen
- Tänzer sollen positiv sein, aber kein Dauergrinsen im Gesicht haben
- Harmonie unter den Tänzern und in der Bewegung ist wichtig
- Tänzer dürfen nicht zu stark gefordert oder unterfordert werden, muss bei Choreografie berücksichtigt werden
- Harmonische Darstellungen gewünscht
- Vorgaben und Verbote der Verbände sind zu beachten
- Paare müssen synchron agieren
- Welche Elemente in den Tanz aufgenommen werden, darf frei entschieden werden
Tänzer müssen ab und zu die Uhr zur Hilfe nehmen, denn sie haben zur Umsetzung aller Kriterien bzw. für ihre Darbietungen nur eine bestimmte Zeit. Die Uhr ist maßgeblich, gibt es doch beim Überschreiten der zulässigen Tanzzeit Punktabzüge. Eine Beachtung der Tanzrichtlinien ist wichtig. Die Vorgaben unterscheiden sich je nach Verband beispielsweise in Bezug auf die Tanzfiguren.
Traditioneller Gardetanz im Rückblick
Der Gardetanz kann auf eine lange Tradition stolz sein und ist keinesfalls eine Erfindung der Neuzeit. Die typischen Züge des Tanzes sind jedoch verändert worden. Früher einmal waren es reine Männergarden, die auf der Bühne standen und sich über das Militär lustig machten. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts hielten diese Männergruppen durch. Mitte des 20. Jahrhunderts kamen die Damengarden auf, die sich auf der Bühne züchtig bekleidet mit langen Röcken zeigen mussten. Die Akrobatik kommt nicht zu kurz und so wurde neben dem Tanz auch die Kleidung der Tänzer an die neuen Herausforderungen angepasst. Die Gewebe der Kleidungsstücke sind belastbarer geworden, zudem tragen die Tänzer von heute sportliche Tanzschuhe. Alles zielt weniger auf Eleganz und Aufwand ab, dafür mehr auf Belastbarkeit und Betonung der Figur.
Der langsame Wandel des karnevalistischen Tanzsports
Der karnevalistische Tanz wurde durch die Nazis beeinflusst. Zu Anfangszeiten des karnevalistischen Tanzes war das Tanzmariechen ein Mann. Die Bühne war ab den 1920er Jahren die Welt des Funkens, wie das männliche Tanzmariechen bezeichnet wurde. Als die Nazis an die Macht kamen, wurden die Tanzmariechen durch Tänzerinnen ersetzt, da die Nazis homosexuelle Anspielungen fürchteten bzw. diesen zuvorkommen wollten. Lange Zeit war der Gardetanz nun rein weiblich. Das Männerballett trat erst ab den 1980er Jahren wieder öffentlich auf. Tanzen wurde alsbald zum Sport. Die veränderten Anforderungen schlugen sich auch im Training wieder, das immer härter wurde. Der karnevalistische Tanzsport ist sogar vom Deutschen Sportbund anerkannt worden und gilt als Leistungssport. Die Verbände richten Wettbewerbe für verschiedene Altersklassen aus, die im ganzen Land ausgetragen werden.
Verschiedene Gardetänze und die Bedeutung der Verbände in Deutschland
Der Gardetanz bietet unendliche Möglichkeiten der Gestaltung. Für die verschiedenen Tanzarten gibt es unterschiedliche Wettbewerbe. In Deutschland werden die Wettbewerbe von den Verbänden ausgerichtet und beaufsichtigt. Damit ist sichergestellt, dass die strengen Kriterien, die seitens der Verbände auferlegt wurden, auch wirklich eingehalten werden. Gleichzeitig wird durch die Verbände dafür gesorgt, dass der Tanzsport sicher ist. Die Verbände haben Wurffiguren verboten, auch Hebefiguren sind nicht immer zulässig. Was erlaubt ist und was nicht, richtet sich unter anderem nach der Altersklasse.
Der Gardetanz in verschiedenen Arten
Folgende Tanzarten sind im Gardetanz bekannt und können in Vereinen ausgeübt werden:
- Garde-Solotanz
Der Solotanz basiert auf dem Polkarhythmus und folgt einer freien Choreografie, die zuvor festgelegt worden ist.
Der Tänzer kann seinen Tanz frei gestalten bzw. kann dieser zusammen mit dem Choreografen frei erarbeitet werden.
Der Tänzer muss in der Lage sein, die Bühne für sich einzunehmen und das Publikum in seinen Bann zu ziehen.
Der Tanz wird meist als ästhetisch, herausfordernd und stark in der Ausstrahlung beschrieben.
- Garde-Paartanz
Auch der Paartanz nutzt den Rhythmus der Polka und darf nur als reiner Instrumentaltanz gezeigt werden.
Auch Hebefiguren dürfen erst ab einem Alter von 14 Jahren vorgezeigt werden.
Der Tanz wird nach reiner Instrumentalmusik auf Polkarhythmus getanzt.
Hebefiguren dürfen nicht überfordern.
Wurffiguren sind nicht zulässig.
- Gruppentanz
Ein wichtiges Merkmal des Gruppentanzes ist das stetige Hüpfen zur polkaartigen Musik.
Der Marsch darf nicht gewählt werden, weder als Musik noch als Tanzschritt.
Die Choreografie kann ansonsten frei entwickelt werden.
Wichtig ist, dass die gewählten Figuren den Fähigkeiten aller Tänzer der Gruppe entsprechen.
Verbände beaufsichtigen die Regelungen im Gardetanz
Ein Verband ist der Bund Deutscher Karneval. Dieser Verband zählt die meisten Mitglieder im Land. Jugendliche und Junioren können als Tanzmariechen, Tanzgarde und Tanzpaar auftreten. Männlicher und weiblicher Tänzer bilden ein Tanzpaar, das Tanzmariechen muss weiblich sein. In der Tanzgarde ist die Zusammensetzung der Geschlechter nicht vorgegeben. Tanzpaare und Tanzmariechen gibt es auch bei den Ü15-Gruppen, wobei der Anteil der Männer bei der Tanzgarde zum Anteil der Tänzerinnen bei 1 zu 3 liegen muss. Maßgeblich für eine gute Bewertung im Bund Deutscher Karneval ist die Vielfalt der Schritte. Die Choreografie soll so abwechslungsreich wie möglich sein, der Verband schaut dazu auch auf die Freude, die die Tänzer auf der Bühne übertragen.
Mit der Rheinische Karnevals Kooperation gibt es einen weiteren großen Verband für den Karnevalstanz in Deutschland. Der Verband kennt seit 2019 sechs Disziplinen im Gardetanz. Wer an Wettbewerben teilnehmen möchte, wird bei diesem Verband in eine der drei Altersklassen eingeteilt: Kinder, Junioren und Senioren. Die Tänzer können an Turnieren der Deutschen Meisterschaft teilnehmen. Der Verband sieht harmonische und exakte Bewegungen als sehr wichtig an und setzt vor allem auf Synchronität. Des Weiteren achtet der Verband auf eine große Vielzahl an Bewegungen und Schritten, zudem sollen die Tänzer sichtbar Spaß auf der Bühne haben.
Zuletzt seien der Deutsche Verband für Garde- und Schautanzsport sowie die Internationale Interessengemeinschaft für Tanzsport. Das Leistungsniveau der Tänzer wird im Deutsche Verband für Garde- und Schautanzsport in Ligen dargestellt. Ein Vergleich des Könnens der Tänzer ist damit leichter möglich. Der Gardetanz hebt sich in diesem Verband deutlich von den beiden vorgenannten Verbänden ab. Es gibt keine Spagate, das Augenmerk liegt auf geraden, zackigen und exakten Ausführungen, vielen Beinwürfen und variantenreichen Schritten. Bewegungen von Armen und Beinen sind kompliziert. In der Internationalen Interessengemeinschaft für Tanzsport ist wiederum kein Radschlag erlaubt.